Meerforelle & Lachs – Die Frage nach dem Alter

(Auszug aus dem Buch Fluss-Strategie)

Die Erkenntnisse, die Schuppenproben ermöglichen, haben sehr viel dazu beigetragen, den Lebenszyklus und die Alterstrukturen von Lachs und Meerforellen besser zu verstehen. Vergleichende Schuppenproben helfen auch, Unterschiede und Strukturen von Salmonidenstämmen verschiedener Flusssysteme exakter zu definieren. Mit Hilfe von Schuppenproben kann der Lebenszyklus eines Fisches sehr exakt nachvollzogen werden.
Schuppen entstehen, wenn die Jungfische etwa 3 Zentimeter lang sind. Sobald die Schuppen den kompletten Körper bedecken und ihre überlappende Struktur bekommen haben, wachsen die Schuppen nahezu in gleicher Weise mit, wie auch der Fisch wächst.
Die Anzahl der Schuppen, die der Fisch ausbildet, bleibt dabei über den Lebenszeitraum mehr oder weniger gleich. Wie bei einem Baum entstehen Jahr für Jahr konzentrische Ringe, die äußerst interessante Informationen beinhalten:

  • Anders als beim Baum entstehen mehrere Ringe im Laufe eines 12 Monatszyklus bei der Schuppe.
  • Wenn der Fisch schnell wächst, ist der jeweilige Ring breiter. Wächst der Fisch in einem Jahr langsamer, dann liegen die Ringe dichter zusammen und sind dunkler als beim schnellerem Wachstum.
  • Der Fisch wächst im Sommer schneller ab als im Winter. Somit können einzelne Ringe zu Sommer- bzw. Winterbändern zusammengefasst werden.
  • Das Alter des Fisches wird ermittelt, indem die Winterbänder gezählt werden.
  • Den Schuppenproben kann auch entnommen werden, ob und wie oft der Fisch am Laichprozess teilgenommen hat.
  • Schlussendlich ist es möglich, Perioden im Süßwasser bzw. Salzwasser zu identifizieren.
Während der Aufwuchsperiode des Jungfisches (Parr) im Süßwasser wächst er im Zeitraum Mai bis Oktober besonders schnell. Sobald die kalte Jahreszeit beginnt, verlangsamt sich das Wachstum und kann zum Höhepunkt des Winters sogar ganz stoppen. Aber auch im Sommerhalbjahr kann es zu einem verlangsamten Wachstum kommen, wenn z. B. in den heißesten Wochen des Sommers die Wassertemperatur zu stark ansteigt.  Der Stoffwechsel des Fisches reagiert dann negativ und deshalb wird die Nahrungsaufnahme sehr deutlich vermindert.
Diese Phase kann ebenfalls zu eng aneinander liegenden, dunkleren Ringen führen und fälschlicherweise als eine zusätzliche Winterperiode interpretiert werden.
Nachdem der Parr sich zum Smolt entwickelt hat und ins Meer abwandert, setzen sich die saisonalen Schuppenmuster weiter fort.
Da aber der Wachstumsprozess im Meer deutlich schneller verläuft als im Süßwasser, ist auch dieses aufgrund unterschiedlich eng bzw. weit auseinander liegende Ringstrukturen leicht ablesbar.
Im Meer liegt typischerweise die Durststrecke für die Fische hinsichtlich des Nahrungsangebots in der Zeit von Januar bis März, so dass in dieser Periode die charakteristischen Winterbänder im Salzwasser entstehen.
Meerforellen wie Lachse, die bereits früh im Jahr in die Flüsse aufsteigen, haben am äußeren Rand ihrer Schuppen eine erkennbare Winterzone. Fische, die spät aufsteigen, weisen nach der letzten Winterzone noch deutlich erkennbare Sommerwachstumsringe auf.
Die Schuppen der laichenden Salmoniden speichern Mineralien wie Zink und Calcium, die dann dem Schuppenkleid entzogen werden, wenn Rogen und  Milch gebildet werden. Dies führt dazu, dass die Schuppen am Rand ihre normale Struktur zum Teil verlieren und  für den Fisch zu unschädlicher Vernarbung führt. Die Vernarbung der äußeren Schuppenringe wird mit Vollendung des Healing-Prozesses, den jeder Absteiger durchläuft, abgeschlossen. So entstehen für jeden durchlaufenden Laichvorgang eindeutige Merkmale in der Ringstruktur eines Lachses bzw. einer Meerforelle.
Bei einer Schuppenprobe sollten immer mehrere Schuppen entnommen werden, um die Untersuchung abzusichern. Denn verliert der Fisch die eine oder andere Schuppe, dann bildet sich diese zwar nach, dokumentiert aber natürlich nicht mehr den vollständigen Lebenszyklus des Fischs.
Nicht nur dem Fachmann, sondern auch dem Angler ist es mit etwas Erfahrung möglich, die wichtigsten Lebensstationen und damit das Alter eines Fisches abzuschätzen.
Heben Sie doch einmal einige Schuppen eines entnommen Fisches auf und studieren Sie die individuelle Geschichte ihres Fangs.
Sie werden erstaunt sein, dass nicht nur die ganz großen Fische mehr als einmal abgelaicht haben.
 
Beispiele von Schuppenproben
Durch die Unterstützung von Ulf Sill können wir hier drei schöne Beispiele von Schuppenproben vorstellen.
Die Schuppenproben wurden im Jahr 2009 von Wissenschaftlern des schwedischen Fiskeriverket (schwedische Zentralamt für Fischerei mit der Aufgabe der Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände in Schweden) entnommen und ausgewertet.
Die regelmäßige Auswertung von Meerforellen-Schuppenproben dient der Beobachtung der Meerforellenbestände, um Rückschlüsse auf Altersstrukturen, Wachstumsprozesse und Laichverhalten zu ziehen. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Baustein, der Maßnahmen und Entscheidungen wie z.B. Schonzeiten / -gebiete oder auch Besatzprogramme in Schweden beeinflusst.

Meerforelle 1
- 81 Zentimeter
- gefangen am 5. Okt 2009
  zur Schuppenentnahme
- Alter 2.2G+ (~ 5,5 Jahre)
- 2 Jahre im Süßwasser
  (Älvår 1 + 2)
- 3 Jahre im Meer
  (Havsår 1 + 2 + 3)
- Teilnahme am Laich-
  prozess im Herbst 2008
  (Lek Havsår 3)
- weitere Wachstumsphase
  (Ev Lek Havsår 4)
- rote Dreiecke = Winterzone


 

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