Fliegenfischen: In den Wintermonaten der Meerforelle auf der Spur

Forellen eiskalt: In den Wintermonaten der Meerforelle auf der Spur
von Heiko Döbler und Michael Zeman

Fischen auf Meerforellen im Winter: Bei Minustemperaturen und eiskaltem Wasser – lohnt sich das? Im Winter bestehen durchaus gute Chancen auf Küstensilber. Wir verraten, worauf es hierbei ankommt.

Herbststürme, Regenschauer und stetig fallende Temperaturen in Luft und Wasser sind die ersten Vorboten des nahenden Winters. Ob große Fjorde, die flachen Viken oder aber die offene Küstenlinie. Die Ostsee zeigt sich jetzt immer häufiger in einem kalten und tristen Grau und einer auf den Strand rollenden Brandungswelle, die jeden Watversuch sofort im Keim erstickt. Mit weiter fallenden Temperaturen wandelt sich Regen in Schneefall und im Flachbereich der Strände kristallisiert das Wasser zu Eis, sorgt dadurch für eine immer langsamere Bewegung auflaufender Wellen und erzeugt gleichzeitig das schabende und reibende Geräusch sich bildenden Eises. Selbst die Rufe der küstennah lebenden Vogelwelt sind in diesen Wochen verstummt und eine unbeschreibliche Ruhe nimmt von uns Besitz. Eine Schneedecke legt sich behutsam über Strände und Steine, bedeckt Bäume und Sträucher und für viele Fliegenfischer ist es der Auftakt für geruhsame Tage und Wochen vor dem Bindestock, oder für die Instandsetzung von Ruten, Rollen und Leinen.
Das Tageslicht steht uns in vielen Winterwochen oft nur für acht Stunden zur Verfügung, dann setzt die Dämmerung ein und ein möglicher Fischtag neigt sich wieder seinem Ende. Aber diese Stunden können es in sich haben und wer seiner Leidenschaft in der kalten Jahreszeit lieber in seinem Bindezimmer frönt, wird sich vielleicht selbst um manch unvergessliches Erlebnis bringen.

Der Dezember
Viele Meerforellen befinden sich jetzt in ihren angestammten Laichbächen und Flüssen, um sich dort in Ruhe zu reproduzieren und um im Süßwasser zu überwintern. Aber ganze Jahrgänge nicht laichfähiger Aufwuchsfische in Form silberblanker Grönländer, in Größen von 40cm bis 55cm, streifen auch weiterhin auf der Suche nach Nahrung in einer für uns Fliegenfischer erreichbaren Distanz vor den Stränden und in den Felsriffen. Mit etwas Glück gesellt sich ein Überspringer von vielleicht drei oder vier Kilogramm Gewicht zu einem kleinen Grönländertrupp und treibt uns Fliegenfischer den Puls in die Höhe und trotz Kälte und Wind den Schweiß auf die Stirn, wenn plötzlich siebzig Zentimeter Silber auf die gestrippte Fliege einsteigen. Die Fische jagen in der Regel mittags und nachmittags, wenn das Wasser am wärmsten ist. Die Zeiten für den Beutezug sind kurz und hektisch. Plötzlich sind die Fische da und dann sind sie schon wieder weg. Sobald man einen Fisch an der Angel hat, muss es schnell gehen, denn die anderen Fische sind schnell wieder weg. Macht man alles richtig, fängt man sich für die Weihnachtszeit noch einen schönen Fisch.

Januar
Dieser Monat ist für das Fischen von Meeresforellen sehr gut geeignet, wenn man in den Förden bleibt. In sehr milden Wintern kann man jedoch auch Fische an der offenen Küste fangen. Das Wasser an der Küste ist jedoch noch sehr kalt und die Fische sind noch nicht bereit viel Energie beim Jagen zu verbrauchen. Sie nehmen lieber eine ruhig geführte Fliege als einen vorbei jagenden Blinker oder Wobbler.
Die Wassertemperatur ist meistens sehr niedrig und der Angelerfolg an der Küste nicht besonders ergiebig. Jedoch ein Boots- oder Kajakangler, der sein Gewässer kennt, kann trotzdem erfolgreich sein. Man wird nicht viele sondern große Fische fangen, denn die großen Meerforellen sind auf den Weg in tiefes warmes Gewässer, wo sie auf Jagd nach Hering und ähnlichen Fischen gehen.

Februar
Dies ist normal der kälteste Monat im Jahr, was das Fliegenfischen an der Küste erschwert. Die offenen Küsten sind kalt und der Salzgehalt in der westlichen Ostsee und dem Kattegat hoch, was der Meeresforelle nicht passt. Entweder findet man den Fisch im unteren Teil eines Flusses, in den brackigen Tiefen der Förde, wo sie überwintern, oder in Revieren mit salzärmerem Wasser. Oft ist die Oberfläche der Förden gefroren, da sie nur wenig Salz enthalten. Man findet die Fische sehr häufig an den Kanten des Eises.

März
Die Wassertemperatur im März steigt in einem Maße, dass die Meerforelle wieder verstärkt beginnt, die offenen Küstengewässer aufzusuchen. Viele Fische halten sich jedoch immer noch in brackigen Förden auf. Trotzdem kann dieser Monat sehr erfolgreich werden, solange es einigermaßen mild bleibt. Treffen wir auf einen erneuten Kälteeinbruch mit Frost, dann wird das Fischen sehr hart und Einzelfische müssen schwer erkämpft werden. Ende März sind alle Fische wieder unterwegs zu den offenen Küsten, wo es beginnt an Nahrung nur so wimmelt.

Aber das Winterfischen auf Meerforellen hat seine eigenen Regeln. Wer sie beachtet, wird auch in der kalten Jahreszeit zu seinem Fangerfolg kommen. Sicherlich nicht an jedem Tag, denn wir befinden uns jetzt in einer anglerisch sehr schwierigen und anspruchsvollen Zeit. Aber umso größer ist der Erfolg mit der Fliegenrute zu bewerten. Anhaltende Kälteperioden mit niedrigen Wassertemperaturen von 0 Grad bis 1 Grad sorgen für eine Reduzierung des Stoffwechsels unserer Meerforellen und somit wird auch die Nahrungsaufnahme eingestellt. Einen Fangerfolg kann es natürlich trotzdem einmal geben, denn in feste Regeln lässt sich diese Art der Befischung niemals verpacken und das macht sie so ungemein spannend und interessant .Aber glauben Sie uns, unter diesen widrigen Bedingungen sind sie mir einem Becher Kaffee vor dem Bindestock sehr viel besser aufgehoben.

Einflussfaktor Wassertemperatur & Salzkonzentration
Die Wassertemperatur als Einflussfaktor zu verstehen und für sich zu nutzen, beeinflusst die Winterfischerei deutlich. Fische sind wechselwarme Tiere und ihr Stoffwechsel hängt somit wie direkt von der Wassertemperatur ab. Je besser und schneller der Stoffwechsel funktioniert, desto aktiver ist eine Meerforelle bei der Nahrungsaufnahme:

  • im Temperaturbereich von 5°C bis 16°C funktioniert der  Stoffwechsel der  Meerforelle am besten und die Fische sind sehr aktiv;
  • das Optimum für die Meerforelle liegt in einem Bereich von 12°C bis 14°C (ähnliches gilt auch für die Nahrungstiere der Meerforelle);
  • sinkt die Temperatur unter 4°C oder steigt sie über 18°C, reduziert die Meerforelle aufgrund des schlechter funktionierenden Stoffwechsels ihre Aktivität sehr stark oder stellt ihn zeitweise sogar ganz ein.

Bei kalten Temperaturen kommen häufig Überlegungen ins Spiel, welche Bedeutung der Salzgehalt des Wassers hat. So hat jeder schon einmal gehört, dass Meerforellen im Winter die Bereiche der Ostsee verlassen, die einen hohen Salzgehalt besitzen, um in Brackwasserbereiche oder in Teile der Ostsee mit geringerem Salzgehalt zu ziehen.
Wenn die Meerforelle im Salzwasser unterwegs ist, wird durch die sog. „Osmotische Regelung“ permanent die Salzkonzentration des Meerwassers und die Salzkonzentration im Flüssigkeitshaushalt der Meerforelle ausbalanciert. Ist die Salzkonzentration des Meerwassers höher als im Körper der Forelle, wird dem Fisch Flüssigkeit entzogen. Die Haut dient als Membran / Filter und lässt von außen keine Salzmoleküle in den Fisch, so dass der Osmoseeffekt „versucht“ das Gleichgewicht zwischen Fisch und dem Salzwasser in Richtung Salzwasser herzustellen. Die Meerforelle würde schlichtweg austrocknen. Um dem entgegen zu wirken, schluckt die Meerforelle auch Salzwasser, um über diesen Weg die Salzkonzentration in der Körperflüssigkeit anzuheben und den Austrocknungsvorgang zu stoppen. Überschüssiges Salz wird über die Kiemen wieder ausgeschieden
Bei Süßwasserfischen ist im Körper die Salzkonzentration höher als im umgebenden Süßwasser. Süßwasser dringt daher von außen in den Fisch ein. Um hier für sich die Balance herzustellen, scheiden Süßwasserfische große Mengen Wasser über den Urin aus und die notwendigen Salze werden durch die Kiemen aufgenommen. Die Meerforelle ist hierzu ebenfalls in der Lage, wenn sie in die Flüsse aufsteigt.
Der chemische Prozess der Osmose funktioniert bei höheren Temperaturen und zwar bei ca. 12°C am besten. Wenn die Temperatur stark darunter liegt, reicht das geringe Stoffwechselvermögen (Nahrungsaufnahme / Verdauung) der Meerforelle nicht mehr aus, um genug Energie zu liefern, um größere Salzkonzentrationen des umgebenen Wassers ausgleichen zu können. Die Fische würden sterben, wenn sie nicht in andere Gebiete ziehen würden.
Grönländer schwimmen übrigens in harten Winter meist deshalb in Flüsse hinein, um eine kritische Wassertemperatur-Salzgehalt-Kombination abzufedern. Das Nahrungsvorkommen ist nach wie vor in der Ostsee und den Förden reichhaltiger als im Fluss. Zu 80% sind dies die kleineren Grönländer, die weniger als 40 Zentimeter lang sind.
Und so kann ein plötzlicher Temperaturanstieg um nur wenige Grad, Schneefall nach klaren Frosttagen, oder aber einsetzender Regen die Gegebenheiten schlagartig zu unseren Gunsten verändern. Jeder noch so leichte Temperaturanstieg sollte konsequent genutzt werden und milde Perioden können dem Fliegenfischer auch im Winter eine Sternstunde bescheren. Jetzt gilt es zu reagieren, um die Gunst der milden Stunden effektiv zu nutzen. Aber auch eine Sturmfront kann durch die Umwälzung der Wasserschichten wärmeres Tiefenwasser in die Flachbereiche führen und so gehört ein Thermometer in dieser Jahreszeit in jede Jackentasche eines Anglers.
Das erfolgreiche Fischen auf Meerforellen ist immer eine Suche, aber gerade im Winter sollte sie  noch intensiver durchgeführt werden. Scheuen sie sich nicht davor Strecken und Strände zu wechseln. Ein Platzwechsel kann für uns ohne weiteres eine Fahrstrecke von fünfzig Kilometer bedeuten. Nutzen Sie das Thermometer und Sie werden zum Teil beachtliche Temperaturunterschiede von teilweise zwei bis drei Grad vorfinden. Befischen Sie diese Bereiche, aber bleiben sie niemals auf einem Platz, sondern fischen Sie aktiv suchend. Ein Wurf…ein Schritt…ein Wurf…ein Schritt, der Fisch sucht nicht Sie, sondern Sie suchen den Fisch. Das Nahrungsangebot ist in den Flachbereichen der Strände im Winter sehr eingeschränkt und die Meerforellen sind daher in einer steten Bewegung auf ihrer Nahrungssuche. Sie sind nicht einfach zu finden und kaum hat sich ein Trupp in Wurfweite gefunden, hat vielleicht ein Fisch die Fliege genommen, so ist der Spuk ebenso schnell wieder vorbei. Daher sollten Sie sich nur maximal eine Stunde bis eineinhalb Stunden mit einem Strandabschnitt beschäftigen. Stellt sich bis dahin kein Erfolg ein, so setzen sie sich in ihr Auto und wechseln zum nächsten Strand. Südjütland bietet uns Fliegenfischern unterschiedlichste Strukturen und damit auch sehr gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Winterfischen auf Meerforellen. Sofern eisfrei, versuchen sie es doch einmal in den flachen und sandgeprägten Viken der Insel Als, im Bereich des Augustenborg-Fjord’s oder aber in Süßwasser geprägten Nooren. Das südliche Dänemark bietet mit seinen Buchten und Förden unter fast allen Windbedingungen die Möglichkeiten einer ausgezeichneten Befischung von Meerforellen in der kalten Jahreszeit. Aber auch hier haben die letzten zwei Eiswinter das Fischen zum Erliegen gebracht. Und sollten wir wieder einen Winter der ,,extremen Art‘‘ bekommen, dann bleiben sie einfach mit einem Becher Kaffee am Bindestock oder bereiten Ihr Gerät für das kommende Frühjahr vor.

Tipps für den Winter
  • Der beste Monat ist oft der Dezember, da die Wassertemperatur noch nicht ihren Tiefstpunkt erreicht hat. Der immer später einsetzende Winter lässt aber inzwischen diese Periode bis in den Januar inein reichen.
  • Flache Buchten und Förden mit hohem Süßwasseranteil aufsuchen.
  • Bereiche mit weichem / schlammigem Grund werden von den Meerforellen bevorzugt aufgesucht. Sind gleichzeitig Süßwassereinläufe vorhanden, wird man überwiegend auf Kelts treffen.
  • Vormittags bis frühen Nachmittag sind die besten Zeiten, insbesondere wenn die Sonne scheint und es auch im Winter zu spürbaren Unterschieden bei der Wassertemperatur zwischen Förden und der offenen Küste kommt.
  • Fressperioden sind häufig nur kurz, aber mehrmals am Tag, hier ist Geduld und Vertrauen in den Angelplatz gefragt.
  • Grönländer sind immer in Schwärmen unterwegs.
  • Sinkt die Wassertemperatur unter 2,5°C wird es generell extrem schwer.
  • Überspringer können auch an strömungsreichen Plätzen der  Außenküste gefangen werden. Zieht der Hering dicht unter die Küste, werden häufig die größten Fische des Jahres gefangen.
Fliegenfischen im Winter
  • Wichtig ist, dass Sie tief genug fischen.
  • Neben Fliegen in gedeckten Farben, die Tangläufer, Seeringelwurm und Grundel imitieren, sollten Sie Reizmuster (Juletræ, Polarmagnus, Glimmerreje) dabeihaben.

7 goldene Winter-Tipps
1) Mangelndes Nahrungsaufkommen im strandnahen Bereich macht oft eine Befischung mit dem Blinker oder mit dem Sbirulino erfolgreicher als mit der Fliegenrute, da die Fische sich häufig in etwas größerer Tiefe und Entfernung zum Angler aufhalten.
2) Der erfolgreiche Angler sucht den Fisch aktiv (ein Wurf, ein Schritt, ein Wurf) und sollte somit einen Strandabschnitt nie zu lange befischen. Erfolgsversprechende Bereiche werden fächerförmig, zuerst mit kurzen, dann mit immer längeren Würfen abgefischt. Führt diese intensive Suche nicht zur Meerforelle, dann sollte der Angler nicht auf den Fisch warten, sondern den Strandabschnitt wechseln.
3) Süßwassereinläufe sind im Winter oft ein Magnet für Meerforellen, denn sie verringern den Salzgehalt in den Mündungsbereichen und erhöhen teilweise sogar etwas die Temperatur. Aber hier müssen immer die Schongebiete beachtet werden. Und... viele schonenswerte Kelts (Absteiger) haben in dieser Zeit schon wieder ihre Laichgewässer verlassen und befinden sich in der Umstellungsphase vom Süß- zum Salzwasser noch über viele Tage im Nahbereich ihrer Fluss-und Bachmündungen. Glücklicherweise nehmen immer mehr Angler Abstand von einer gezielten Fischerei auf Absteiger.
4) Das Thermometer gehört im Winter in die Tasche jeder Watjacke.
5) Oft sind die Wochen im Dezember und Januar die besten Wintermonate, da in dieser Zeit die Wassertemperatur noch nicht ihren Tiefstpunkt erreicht hat.
6) Gerade auch der Fliegenfischer sollte im Winter eher tief fischen, da die wenige Nahrung und damit auch die Fische sich in Bodennähe konzentrieren.
7) Bei der Fliegenwahl sollten Reizmuster (Juletrae, Polarmagnus, Glimmerreje), aber auch Fliegen mit gedeckten Farben gefischt werden, die Tangläufer, Seeringelwurm und Grundel imitieren. Auch der
Spinnfischer sollte neben den typischen Farben auffällige Muster in Weiß oder zum Beispiel Orange wählen. Oft bewährt es sich, die Fliege Polarmagnus als Beifänger zu fischen.

 

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