Der geschlagene Wolf - modernes Spinnfischen auf Wolfsbarsch

(von Rob Staigis)

Seit ein paar Jahren erlebt das Angeln auf den beliebtesten Salzwasserfisch Europas an unserer Küste einen wahren Hype. Wo hauptsächlich Kurgäste die Strände bevölkerten, stehen heute in den warmen Sommermonaten Spinnangler auf den Wellenbrechern deutscher Nordseeinseln, um den Wolfsbarschen nachzustellen. Mit klassischen Kunstködern wie Gummifisch, Twister und Blinker wird hierzulande dem begehrten Salzwasser-Stachelritter auf die Schuppen gerückt. Doch schaut man sich das Spinnfischen auf Wolfsbarsch einmal bei unseren europäischen Nachbarn genauer an, wird man schnell feststellen wie facettenreich die Spinnangler dort zu Werke gehen. Hier würde man es als „modernes Spinnfischen“ bezeichnen. Was sich bei uns im Süßwasserspinnangeln seit einigen Jahre etabliert hat, ist bei Meeresspinnanglern in Nachbarländer schon gang und gäbe.

In Ländern wie Frankreich, Portugal, England oder auch den Niederlanden hat der Wolfsbarsch einen Stellenwert wie bei uns an der Ostsee die Meerforelle. Dort stehen nicht Kunstköder wie Meerforellenblinker oder Küstenwobbler an erster Stelle, sondern Wobbler mit und ohne Tauchschaufel. „Jerking“, „walk the dog“, oder „twitching“ sind alles Schlagworte die modernen Raubfischanglern hierzulande die Ohren spitzen lassen, aber auch an der Küste unserer europäischen Nachbarn sind dies geläufige Begriffe. Wie sagte einmal ein bekannter Wolfsbarschangler: „Wer seinen Köder lieb- und leblos durchs Wasser zieht, wird bei den Wolfsbarschen nur selten Gast sein“. Wolfsbarsche lieben Action: Die oben aufgeführten Techniken lassen die Wobbler so verführerisch durchs Wasser tanzen, das Wolfsbarsche vehement zupacken. Viele von ihnen höre ich jetzt sagen: „Schon wieder dieser moderne Kram mit englischen Ausdrücken“. Das Angeln mit Kunstködern wurde nun mal in den englischsprachigen Ländern erfunden und so modern ist diese Angelei auch wieder nicht. James Heddon baute 1902 einen der ersten Stickbaits, den „Dowagiac“, mit dem er durch die sogenannte „walk the dog“-Aktion die Anglerwelt eroberte.

Techniken
Der knallharte Anbiss auf einen gut geführten Wobbler sorgt für reichlich Adrenalinausschüttung und wird zu einem unvergesslichen Erlebnis – es besteht Suchtgefahr! Drei erfolgreiche Techniken die das Wolfsbarschangeln mit Wobbler für die Räuber attraktiver gestalten: Jerking, Twitching und Speed Game Jigging.

Walk the dog - jerking (der Hunde-Gang)
Die wohl bekannteste und auch älteste Wobblerführung bzw. Aktion für die Wasseroberfläche (Topwater) ist die „walk the dog action“ („den Hund spazieren führen“). Schläge mit der Rutenspitze (engl. to jerk), ausgeführt aus dem Handgelenk, lassen den Stickbait von rechts nach links flitzen. Viele machen zu Anfang den Fehler und führen die Schläge mit dem Unterarm aus. Hierbei lässt sich der Stickbait nur schwer kontrollieren und am Abend schmerzen die Gelenke.Mit etwas Übung stellt sich der Erfog schnell ein. Zwischen den Rucken sollte man eine Pause von 2 - 3 Sekunden einlegen; oft werden die Stickbaits attackiert, wenn sie ruhig im Wasser liegen. Wiederrum kann ein hecktisch hin und her flitzender Stickbait bei schneller Führung den Jagdinstinkt der Wolfsbarsche wecken. Eine abwechslungsreiche Köderführung beim Angeln mit Stickbaits kann die Erfolgsausichten erheblich steigern. Die daraus resultierenden, blitzartigen Attacken der Barsche lassen das Wasser an der Oberfläche förmilch explodieren. Oft verfehlen die Wolfsbarsche bei der ersten Attacke den schnell geführten Stickbait um Haaresbreite, dann gilt es Nerven zu behalten und nicht gleich anzuschlagen, einfach den Stickbait im selben Rhythmus weiterführen. Wolfsbarsche folgen dem Stickbait selbst bis vor die Füße der Angler, um dann doch noch eine Attacke zu starten; erst wenn man einen Widerstand spürt, ist der Anschlag erfolgreich.
Das typische Zick-Zack-Muster vollführt nicht nur schwimmende Stickbaits, sondern auch einige Wobbler. Vorallem flachen, hochrückigen Ausführungen gelingt der „walk the dog“ beim Jerking.

 
Twitchen
Das unregelmäßige Twitchen, besser gesagt kurzes Rucken mit der Angelspitze beim Einholen der Wobbler ist die gängigste und weit verbreitetste Methode, diese lässt den Wobbler bei seinem Lauf verführerisch nach links und rechts ausbrechen. Am besten gelingt das Twitchen bei Strömung (Gezeiten) mit Wobblern, die ein fest verbautes Wurfgewicht in sich tragen anstelle eines Weitwurfsystems mit losen Kugeln oder einem freilaufenden Tungstengewicht.
 

„Speed Game“ Jigging
Eine Technik die eher die Angelei mit Gummifischen vermuten lässt, nur werden hier keine Shads sondern tief laufende Wobbler verwendet. Das „Speed Game“-Jigging spielt sich wie vermutet nicht in tiefen Wasserschichten oder gar auf Grund ab, sondern dicht unter der Wasseroberfläche. Nach dem Auswerfen werden die tieflaufenden Wobbler (häufige Bezeichnung: Deep Diver oder Deep Runner) mit ein paar Kurbelumdrehungen auf eine Aktionstiefe von ca. 0,5 - 1 m gebracht. Danach wird nicht wie beim Jerking horizontal mit der Rutenspitze geschlagen, sondern vertikal wie beim Angel mit Gummifisch, was den Wobbler wie verrückt nach rechts und links ausbrechen lässt. Kommt noch der Faktor Einholgeschwindigkeit hinzu, lässt dieser „verrückt“ laufende Wobbler keinen Wolfsbarsch kalt. Bei dem schnellen Führungsstil ist zu beachten, dass der Wobbler nicht durch die Wasseroberfläche bricht. Um dies zu verhindern, sollten die Rutenschläge so flach wie möglich ausgeführt werden. Am besten man testet diese Technik im klaren Flachwasser. Läuft der Wobbler konstant unter der Wasseroberfläche, sind bei dieser Technik knallharte Anbisse garantiert. Deshalb ist es wichtig die Rollenbremse nicht zu hart einzustellen. Dieser blitzartige Anbiss und die fast zeitgleiche Flucht eines kapitalen Fisches kann eine 10kg tragende Schnur im Nu reißen lassen, Wolfsbarsche sind da nicht zimperlich.
Um ermüdungsfrei diese Techniken umzusetzen eignen sich Spinnruten mit einer Länge von 2,40m oder 2,70m mit einem WG bis maximal 50g und einer straffen Aktion (vom Hersteller angegeben als „fast“ bzw. „extra fast action“). Größe und Gewicht der Rolle sollten mit der Spinnrute harmonieren, will man den Angeltag nicht mit einem schmerzenden Handgelenk abschließen. Bespult mit einer geflochtenen Schnur von rund 9kg Tragkraft sollte für unsere Nordseewölfe ausreichen. Ein wichtiger Faktor bei der Wahl der Rolle ist ein ruckfreies Arbeiten der Spulenbremse. Aufgrund der dehnungsarmen geflochtenen Schnur und der harten Rute sind bei einer fehlerhaften Rollenbremse Fischverluste durch Schnurbruch oder Ausschlitzen des Hakens vorprogrammiert. Zum Schutz der geflochtenen Schnur vor rauen Steinen oder scharfkantigen Muscheln wird an der geflochtenen noch ein Stück (0,5 - 1m) monofile Schnur oder Fluoro-Carbon geknüpft. Eine Qualitätschnur mit einem Durchmesser von ca. 0,40mm sollte in den meisten Fällen ausreichen, dickere Schnüre beeinflussen zu sehr den Lauf der Wobbler. Als verlässlicher Verbindungsknoten der monofilen mit der geflochtenen Schnur hat sich der Albrightknoten bewährt.
 
Kommen wir nun zu den interessanten Fragen, wo angle ich und wann fange ich am besten mit diesen Techniken. An der Küste unserer Nordsee ist die Frage recht einfach zu beantworten. An der deutschen Nordsee hauptsächlich auf den friesischen Inseln an ihren seewärtigen Stränden. An der niederländischen und belgischen Küste verlaufen diese Strände direkt am Festland. Dort wo die Strände vor Sturmfluten mit Wellenbrechern geschützt sind, finden wir an den aus Stein oder Holz gebauten Schutzwällen wahre Hot Spots die wie Finger ins Meer ragen. Meist sind diese Wellenbrecher an den Seiten und am ins Meer ragende Ende, dem so genannten Kopf, noch zusätzlich mit einer Steinschüttung gesichert. Dicht an dieser Steinschüttung suchen kleine Fische oder Garnelen Schutz vor der harten Gezeitenströmung. Das wissen auch die Wolfsbarsche, deshalb gilt es dort die Wobbler zu platzieren. Kommen wir zur besten Angelzeit. Rein logisch kommen die Fische mit der aufkommenden Flut, doch tickt die Logik der Wolfsbarsche etwas anders. Die beste Angelzeit finden wir bei abgehendem Wasser. Aufgrund der harten Ebbströmung werden die Fische, Krebse und Granelen regelrecht aus den Steinen gespült, das wiederum machen sich die Wolfsbarsche zunutze und jagen förmlich aus dem Hinterhalt nach leichter Beute. Pie mal Auge spielt sich die heiße Phase zwischen 2,5 Std. vor Ebbe bis 1 Std. danach ab. Finden wir diese heiße Phase noch in den Morgenstunden oder Abendstunden, stehen die Chancen einen oder mehrere Wolfsbarsche zu fassen am günstigsten. Fischt man über Tag sind weitere Faktoren wie aufgewühltes Wasser, wolkiger Himmel und leicht auflandiger Wind erfolgversprechend. Doch sollte man sich bewusst sein, das nicht an jedem Wellenbrecher Wolfsbarsche jagen.Hier lautet die Devise mobil sein, denn wer sich zu lange an ein und derselben Buhne aufhält, verpasst womöglich einen jagenden Wolfsbarschtrupp an dem Wellenbrecher nebenan.


 



Spinnfischen auf Wolsbarsch - muss man mal gemacht haben!




 
 

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