Meerforellen in Südjütland – optimierte Leinenwahl beim Fliegenfischen

Meerforellen in Südjütland – optimierte Leinenwahl beim Fliegenfischen
von Heiko Döbler und Michael Zeman
 
Sie kennen gute Stellen und haben fängige Fliegen in Ihrer Box, und trotzdem läuft es mit den Meerforellen nicht so, wie Sie es sich vorstellen? Nun, das könnte daran liegen, dass sie ausschließlich mit der Schwimmschnur fischen! Und darum zeigen wir Ihnen einmal, wie Sie über die Wahl der passenden Schnur Ihre Fang-Chancen optimieren.
Die abwechslungsreiche Küstenlinie von Südjütland ist ein ideales Revier für uns Fliegenfischer. Steilküsten mit ihren Riffen, flache Buchten und strömungsreiche Sunde bieten gerade im Frühjahr eine sehr ansprechende Fischerei. Nimmt der Fliegenfischer die Möglichkeiten ins Kalkül, die uns die unterschiedlichen Leinentypen bieten, dann erschließen sich zusätzliche Fangchancen.

 
Nun hat das Frühjahr den Winter auch in Südjütland endgültig verdrängt und die Natur zeigt sich wieder im frischen Grün und einem erwachenden Leben. Die weich gezeichnete dänische Landschaft mit ihren in der Blüte leuchtend-gelben Rapsfeldern und den markanten Buchenwäldern auf den zum Teil schroffen Steilküsten, vermittelt dem Besucher schon nach kurzer Zeit eine wundervolle Ruhe, Entspannung und Gelassenheit. Alles Eigenschaften, die sich auch im Charakter und der Lebensweise der Jütländer widerspiegeln. Der April bringt aber auch den notwendigen Temperaturanstieg in das Salzwasser der ca. 300 Kilometer langen südjütländischen Küstenlinie und sorgt für ein Erwachen und Aufkommen eines reichhaltigen Kleinlebens und somit für einen reich gedeckten Tisch für unser eigentliches Ziel, den Fang der jütländischen Meerforellen.
Tangläufer, Sandaale, Borstenwürmer, Grundeln und Stichlinge, sind jetzt wieder in allen strandnahen Bereichen zu finden und bieten die Nahrungsgrundlage für die Aufwuchsfische, den silberblanken Grönländern, in Größen von meist 40 cm bis 55 cm. Aber auch ein Überspringer, eine meerwandernde Regenbogenforelle, oder ein großer Laichrückkehrer (Kelt) kann in diesen Wochen jederzeit die Fliege nehmen und für eine Überraschung sorgen, die jedem Angler den Pulsschlag in die Höhe treiben wird.
Eine Besonderheit der Küstenlinie Südjütlands sind die unterschiedlichen Strukturen in den unzähligen Fjorden und Buchten. Es finden sich schmale und strömungsreiche, tiefe Sunde, flache und sandige Innenfjorde, ausgeprägte Felsriffe mit ihren Blasentangwäldern. Dazu die offene Küste mit den vorgelagerten Seegraswiesen, oder weit bewatbare Sand-und Muschelriffe. Aber auch Noore, und die Mündungsbereiche kleiner Auen und Flüsse mit ihrer Süßwasserprägung gehören zu den bevorzugten Jagdgebieten der Meerforellen.
Die doch recht unterschiedlichen und gleichermaßen interessanten Bereiche werden oft mit ein und derselben Geräteabstimmung befischt. Weshalb eigentlich? Die unterschiedlichen Schnurtypen (Floating, Intermediate, Sinker) bieten doch ein zusätzliches Optimierungspotential. Schon kleine Veränderungen bei der Präsentation der Fliege können sich entscheidend für den Erfolg oder Nicht-Erfolg auswirken.

Fischen mit der Sinkschnur - Die Leine für die Großen
In einigen schmalen und tiefen Sunden ziehen im Frühjahr die Heringsschwärme in ihre Laichgründe und sind dort zum Teil über Wochen zu finden. Der enge Zugang (Egersund) in das Nybøl Nor, nicht weit vom kleinen Städtchen Gravenstein gelegen,  ist dafür ein klassisches Beispiel. Hier erreicht auch der Fliegenfischer ohne Probleme das mehrere Meter tiefe Fahrwasser und kommt somit in den Aktionsbereich von zum Teil sehr großen Meerforellen, die sich immer wieder zwischen den ziehenden Heringen einfinden. Das anhaltende und geballte Vorkommen dieser Laichschwärme und sehr tiefes Wasser in Reichweite der Fliegenrute versprechen ein spannendes Fischen, erfordern aber gleichfalls ein Umdenken. Mit einer Floating- oder Intermediate Line sind wir in diesem Fall aber auf verlorenen Posten, denn die Fliege muss möglichst schnell auf Tiefe gebracht werden, da nur auf Höhe der Heringsschwärme eine effektive Befischung möglich ist. Hinzu kommt eine zum Teil hohe Strömungsgeschwindigkeit, die uns ohne weiteres eine Driftphase bescheren kann, wie wir sie sonst nur beim Flussfischen erleben. Das bedeutet, die Fliege muss auf Tiefe gebracht werden, bevor die Strömungsdrift sie aus dem Distanzbereich der Meerforellen führt.
Für diese Befischung eignen sich Schußköpfe (SK) unterschiedlicher Sinkraten. Mit einem schnellen SK-Wechsel kann sich der Angler auf die jeweilige Strömung und Tiefe einstellen und diese erfolgsträchtigen Strecken sehr effektiv befischen. Die Vorfachlänge sollte bei dieser Art der Befischung maximal 150 Zentimeter betragen, um das Auftreiben der angebotenen Fliege zu vermeiden. An strömungsarmen Tagen wird die Fliege gestrippt, bei hoher Strömung dagegen ist der Lauf in der Driftphase völlig ausreichend und wer mag, bringt durch leichtes Heben und Senken der Rutenspitze die Fliege zum Jiggen.
Auch bei der Wahl der Fliegenmuster sollten Sie ruhig einmal in etwas anderen Dimensionen denken, denn diese Meerforellen sind nicht auf Tangläufer eingestellt. Es ist eine sehr interessante Variante zur gewohnten Befischung der strandnahen Flachbereiche und zudem eine der wenigen Möglichkeiten einer gezielten Jagd auf Großforellen im Salzwasser.

Drei auf einen Schlag – und das mit der Sinkschnur, wie die dunkelbraune Farbe der Leine verrät! An tiefen Stellen und bei stärkerer Strömung, zum Beispiel an Fahrrinnen und Sunden, ist dieser
Schnurtyp der Schlüssel zum Erfolg!


Fischen mit der Floatingline - Dezente Farbe und langes Vorfach
Im Gegensatz zur vorher benannten Tiefwasserzone, bietet Südjütland aber auch für die Freunde der klassischen Flachwasser-Befischung, ganz hervorragende Möglichkeiten. An der kleinen Stadt Augustenborg, befindet sich auf der Insel Als der vorgelagerte Augustenborg-Fjord - ein flacher Fjord, mit zum Teil schilfbestandenen Ufern.
Hier findet der Fliegenfischer die typischen sandigen Flachstrecken der Innenfjorde. Bei günstigen Wasserständen führen die leicht zu bewatenden Gründe den Angler zum Teil über mehrere hundert Meter in den Fjord hinein und ermöglichen gerade dem Fliegenfischer eine sehr intensive Befischung, da die Watbedingungen den fischbaren Radius immens vergrößern. Die Sandgründe zeigen sich mit Muschelbänken, vereinzelt liegenden Steinen, kleineren Teppichen von Seegras und sind das bevorzugte Jagdrevier der Grönländer. Eine Großforelle wird sich nur selten in diese Bereiche verirren, aber dafür ist unter günstigen Temperaturbedingungen, ohne weiteres ein Fang mehrerer Grönländer an einem Angeltag möglich. Es ist eine perfekte Strecke für eine effektive Befischung mit der Floating-Line. Ob Schußkopf oder Vollleine mag jeder Angler für sich entscheiden, der Meerforelle ist es völlig egal.
Dagegen setzen wir aber gerade bei Sonne und ruhigen, sowie sichtigen Tagen eine unauffällige Leinenfarbe ein (z.B. das dezente grau einer Guideline-Bullet der neuen Generation), um in diesem oft nur bauchtiefen Wasser eine möglichst geringe Scheuchwirkung zu erzielen. Ausgezeichnet bewährt haben sich aber auch typische Clear-Leinen wie z.B. die Cortland Crystal Flaoting, obwohl sich diese Leine bei kalten Wassertemperaturen nicht mehr fischen lässt und zu einem Korkenzieher mutiert. Das Vorfach darf und sollte lang sein. Wer aber mit 4,50 Meter Vorfachlänge überfordert ist, kürzt entsprechend seiner werferischen Fähigkeiten ein. Wichtiger ist, dass Sie sich Schritt für Schritt in die Gründe hinein fischen und diese in einer für Sie bequemen Wurfdistanz fächerförmig absuchen. Sehr oft zeigen sich die Fische im Frühjahr bei ihrer Jagd in den flachen Gründen an der Oberfläche und sie können einen Grönländertrupp gezielt anwerfen. Führen sie dabei die Fliege nicht zu langsam, denn kein Angler strippt so schnell wie eine Meerforelle schwimmen kann.
Für die klassische Fischerei im Flachwasser ist die Schwimmschnur optimal, ob man dabei mit einer WF oder mit einem Schusskopf fischt, das ist Geschmackssache. Hilfreich ist in jedem Fall ein Schnurkorb.

Intermediate-Leinen - Bei Wind und Wellen ein Muss!
Dort wo die schiebenden Gletscher der letzten Eiszeit zum Stillstand kamen, zeigen sich diese Endmoränen in Form gewaltiger Geröllmassen. Heute bilden sie die typischen Jütland-Riffe, die häufig vor der imposanten Kulisse hoher Steilküsten liegen. Sie ergeben einen idealen Lebensraum für die gesamte Nahrungspalette unserer Meerforellen und bieten dem vielzähligen Kleinleben zwischen Felsen und Blasentangwäldern perfekten Schutz und Deckung.
Die dunklen Felsen erwärmen in der Frühjahrs-Sonne sehr schnell und geben die gespeicherte Wärme an das sie umgebende Wasser ab. So ist es nicht verwunderlich, dass die Faktoren Nahrung und Wärme sich nicht nur auf Grönländer wie ein Magnet auswirken, sondern auch auf starke Überspringer, meerwandernde Regenbogner und große Kelts nach der Rückkehr aus ihren Flüssen können sich jederzeit auf diesen bevorzugten Jagd-und Fressplätzen einfinden. Halk Hoved, Rade Hoved und Gammelmark Klinter, sind nur einige wenige Beispiele für eine Vielzahl dieser ausgezeichneten Fangplätze. Auflandige Winde und eine zum Teil offene Küstenlinie, führen in den Riffen sehr schnell zu einer beachtlichen Brandungswelle. Aber diese Welle und die damit verbundene Eintrübung bringen uns die Meerforellen in eine perfekte Distanz für die Fliegenrute. Eine Intermediate-Line übermittelt durch ihr Einsinken bei der beschriebenen Windsituation für mehr Ruhe bei der Führung, um einen direkten und besseren Kontakt zur Fliege und zum einsteigenden Fisch sicherzustellen. Dieser direkte Kontakt führt nach einem Anbiss oft schon zu einem ,,Selbsthaken'' der Meerforelle, während eine auf der Welle schlenkernde Floating-Line häufig für einer verspätete Bisserkennung  sorgt und sich mit dem Anschlag auch die Meerforelle oft wieder verabschiedet.
Aber bei ruhigen Wetter und niedrigen Wasserständen kann der Einsatz einer Intermediate-Line sehr schnell auch zum Fluch werden, denn in diesem Fall sind Felsen und Blasentang meist weit schneller am Haken, als die von uns erhoffte und erwünschte Meerforelle. In diesem Fall geht es also zurück zum Einsatz der an der Küste schon klassischen Floating-Line. Führung der Fliege und Bisserkennung sind unter diesen diesen moderaten Bedingungen kein Problem mehr und entspanntes Fischen ist angesagt.
Aber auch die Riffe Südjütlands können dem Ungeübten mit ihren glatten Felsen schon einmal die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Ein Watstock gibt zusätzliche Sicherheit und sorgt für einen besseren Stand, denn auch im April wird ein Vollbad einen vielleicht erfolgsversprechenden Angeltag sehr schnell wieder beenden.
 
Vielleicht weckt diese Beschreibung bei dem einen oder anderen Leser das Interesse, die südjütländische Küste und Fjorde mit einem neuen Blickwinkel zu entdecken. Wir würden uns darüber freuen und wünschen ... Knæk og Bræk!
 
PS – neue Markierungen der Schutzzonen in Dänemark / Süd-Jütland
Ganz aktuell werden die Schutzzonen der Aueinmündungen in strandnähe markiert. Eine sehr hilfreiche Maßnahme, denn für den Revierneuling sind viele, unscheinbare Bacheinläufe mit Schutzzone nicht leicht erkennbar. Bei dieser Gelegenheit auch der Hinweis, dass nahezu alle Mündungsbereiche in Dänemark mit einer zeitweise geltenden Schutzzone ein Angelverbot vom 16. September bis einschließlich 15. März besitzen. Nur noch für sehr wenige Schutzzonen gilt das kürzere Angelverbot vom 16. September bis einschließlich 15. Januar.
 







Ganzjährige Schutzzone / Beispiel Krusau / der Pfeil zeigt an, dass wir uns genau an der Grenze der Schutzzone befinden







Verkürztes Angelverbot vom 16.9 bis 15. 1 / Beispiel Dyrehavebæk im Aabenraafjord / die Pfeile in beide Richtungen zeigen, dass wir uns mitten in der Schutzzone befinden












Normalfall in Dänemark – Angelverbot vom 16.9 bis 15.3 / Beispiel Møllebæk bei Loddenhøj
 



Fliegenfischen auf Meerforelle




 


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