In die Luft gegangen – Küstenplätze von oben gesehen
Für die Meerforelle und Angelführer in die Luft gegangen
(von Michael Zeman)
Für das Angeln insbesondere an der Ostseeküste begeistern sich immer mehr Angler. Die abwechslungsreichen Küstenlinien, das eindrucksvolle Naturerlebnis und attraktive Zielfische wie Meerforelle, Dorsch und Plattfisch ziehen uns in den Bann und ein Tag an der Küste lässt schnell den Alltag vergessen.
Ein erfolgreicher Angeltag an der Ostseeküste hängt natürlich von ganz verschiedenen Faktoren ab. Egal welcher Angelmethode wir uns verschrieben haben. Beim Brandungsangeln oder dem Küstenangeln mit der Spinn- oder Fliegenrute hängt sicher viel von der persönlichen Erfahrung und einer vernünftigen Angelausrüstung ab. Dass neben Erfahrung auch etwas Glück und Zufall mitspielt, macht den zusätzlichen Reiz eines jeden Angeltages aus. Und so wird der erfahrene Angler, der seine bevorzugten Angelplätze regelmäßig und seit langer Zeit befischt, bis auf den aktuellen Wetterbericht meist kaum zusätzliche Informationen benötigen.
Der Schlüssel, um die Meerforellen, Dorsch & Co. zu finden und die vielversprechendsten Plätze auszuwählen, ist es ein gutes Verständnis für die typischen Verhaltensmuster unserer Zielfische zu bekommen. Dazu kommen Faktoren wie Wassertemperatur, Strömungsverhältnissen oder das aktuelle Nahrungsvorkommen.
Hat man aber erst einmal verstanden, wie z.B. Wind, Strömung oder Jahreszeiten einen Angelplatz beeinflussen können, dann fällt es auch nicht schwer, sich schnell in einem neuen Revier zu recht zu finden. Insbesondere mit Luftbildaufnahmen fällt es uns dann leicht, die aussichtsreichsten Angelplätze auszuwählen.
Gerade wer nicht direkt an der Küste wohnt und eine weite Anreise hat oder einen Angelurlaub in einem neuen Revier macht, wird die Zusatzinformation der Luftbilder schnell schätzen lernen. Selbst der lokale Angler schaut immer wieder gerne auf die Luftbilder, besonders wenn der Lieblingsplatz besetzt ist und schnell ein Ausweichplatz gefunden werden will.
Mit Hilfe eines Luftbilds können wir den Grundcharakter eines Angelplatzes auf einen Blick erfassen. Es lassen sich leicht, Riffe, Tangfelder, Sandbänke und Rinnen identifizieren. Vom Strand aus ist dies oft nur schwer möglich. Selbst von einer Steilküste lassen sich die Strukturen nicht immer kennen. Gerade bei perfekten Bedingungen mit bewegtem und angetrübtem Wasser kann man oft nicht viel erkennen. Wie hilfreich ist es da, noch einmal schnell in unseren Angelführer zu schauen, um sich mit den Luftbildern die benötigen Hintergrundinformationen zu holen.
Die beiden Fotos aus dem Angelführer Rügen zeigen beiden denselben Küstenabschnitt bei Krepnitz, der im Norden der Insel Rügen liegt. Das Luftbild zeigt sehr deutlich, auf welche Grundstruktur wir treffen. Der reine Sandstrand lässt im ersten Moment nicht vermuten, dass direkt hinter der ersten Sandbank und in unserer Wurfweite sich ausgedehnte Seegraswiesen und Riffe befinden. Genau dort ziehen aber sehr gerne Meerforellen entlang und in der Dämmerung suchen in diesem Bereich die Dorsche nach Nahrung. Das zweite Foto zeigt den Blick von der Steilküste. Man kann zwar sehr gut erkennen, wo die Brandung sich auf der großen Sandbank bricht. Aber der reine Sandstrand vermittelt dem ortsunkundigen Angler nur wenig Vertrauen, da er ohne Hilfe eines Luftbilds die attraktiven Unterwasserstrukturen, die sich direkt hinter der Sandbank befinden, nicht erkennen kann. Und im Zweifel wird er diesen tollen Platz verlassen, weil ganz einfach das Zutrauen fehlt.
Die Steilküsten Rügens sind oft sehr kreidehaltig, so dass der küstennahe Bereich gerne einmal eingetrübt ist. Ist die Trübung moderat oder können wir die Trübungskante gerade noch überwerfen, stellen dies Bedingungen dar, bei denen man auf Rügen Sternstunden erleben kann. Einer dieser Plätze befindet sich zwischen Mukran und Sassnitz. Die Fotos zeigen die typische Eintrübung durch die Kreide und dies bei besten Bedingungen. Der lokale Angler weiß aus Erfahrung auf welchen Teil des Strandes er sich konzentrieren wird. Die Lufbildaufnahme hilft aber auch dem Angler, der nicht vor Ort lebt, zu erkennen, an welchem Teil des Strandes der Untergrund in Wurfweite besonders strukturreich oder überwiegend sandig ist. Dieses Hintergrundwissen hilft dabei Schwerpunkte zu setzen. Dass sich auch einmal Fische über den sandigen Flächen fangen lassen, ist klar.
Vorteile der Luftbildaufnahmen
Auf den Luftbildern sind also unterschiedliche Bodenstrukturen, Riffe, Badewannen, Steinformationen, Tangwälder, Muschelbänke und Strömungsrinnen, einfach und perfekt zu erkennen. Ein Luftbild verrät auch die wenigen markanten Stellen, die Meerforellen gerne an scheinbar langweiligen Stränden anlaufen. Auch wenn wir einen Angelplatz anfahren, ist der Blick auf das Luftbild hilfreich, um zu entscheiden, ob man eher links oder rechts des Parkplatzes die Küste befischen möchte. Zu Beginn des Frühjahres sind für den Watangler z.B. folgende Fragen ausschlaggebend. Wo befinden sich ausgeprägte Blasentang- oder Seegraswiesen in strandnähe, in denen sich ja zuerst die Nahrungstiere der Meerforelle wie Tangläufer und Garnelen finden lassen. Oder in welcher Bucht könnte der auflandige Wind gerade warmes Oberflächenwasser zusammendrücken. Wie weit zieht sich ein Riff nach draußen und wie sieht es rechts und links von dem Riff aus. Bei all diesen Fragen helfen die Luftbildaufnahmen sehr, die Taktik am Angelplatz auszurichten und sich für oder gegen einen Platz zu entscheiden.
Auf dem Luftbild des Strandes Putgarten auf Rügen lassen sich auch die Vorteile für den Brandungsangler erkennen. Sehr gut sind die in Wurfweite sandigen Untergründe von den hängerträchtigen Bereichen unterscheidbar. Gerade der Brandungsangler, der mit etwas mehr Gepäck unterwegs ist, und stationär angeln möchte, kann mit Hilfe der Luftbildaufnahmen sehr genau seinen Platz auswählen. Umgekehrt wird der Watangler sich eher auf die Bereiche konzentrieren wollen, in denen er auch in Wurfweite noch über strukturreichen Untergründen fischen wird.
Jedem erfahren Küstenangler ist klar, dass Stürme und Strömungen dafür sorgen, dass sich Küstenbereiche verändern können. Damit stellt sich natürlich die Frage, inwieweit und wie lange eine Luftbildaufnahme eine vernünftige Informationsbasis darstellt. Diese Frage hat mich vor der Veröffentlichung der ersten Angelführer auf Basis von Luftbildaufnahmen auch sehr interessiert. Mein dänischer Partner für Luftbildaufnahmen, der alle ein bis zwei Jahre für Dänemark die Luftbildaufnahmen erstellt, gab mir die Möglichkeit, dieser Frage genauer nachzugehen. Und so konnte ich mir an verschieden Beispielen die Luftbilder über einen Zeitraum von 10 Jahren anschauen. Die Erkenntnisse waren sehr interessant. In Küstenbereichen, in denen das Wasser nur langsam flacher wird und der Untergrund überwiegend sandig war, gibt es die markantesten Veränderungen. Denn Stürme und Strömungen führten dazu, dass sich die Sandbänke immer wieder veränderten. Der grundlegende Charakter der Küstenlinie hat sich aber auch dort nie wirklich verändert. Und so wurde aus diesen sandigen Untergründen nicht plötzlich strukturreiche Gründe mit Steinen und Blasentangwäldern. Steinige Untergründe vor Steilküsten können sich ebenfalls zeitweise verändern. Ausgerwöhnlich starke Herbst-/Winterstürme mit entsprechendem Hochwasser können zu starken Abbrüchen einer Steilküste führen, so dass der ursprüngliche Charakter des Untergrunds sich stark verändert wird. Und können weite Bereiche der steinigen Untergründe plötzlich mit dem Sand der Steilküste bedeckt sein. Die Erfahrung zeigt aber, dass dieser Sand nach der nächsten Sturmsaison des folgenden Herbstes und Winters durch die küstennahen Strömungen wieder fortgetragen wird. Und so finden wir spätestens nach einem Jahr den ursprünglichen Grundcharakter des Strandes wieder. Geschützte Buchten, Fjordbereiche, große Steingründe, Seegraswiesen und Blasentangwälder ändern sich nur punktuell nicht aber ihren Grundcharakter. Da es bei den Luftbildaufnahmen nicht darum geht, auf den Quadratmeter genau einen Platz zu identifizieren, sondern den grundlegenden Charakter des Angelplatzes zu verstehen, kommt man an den Luftbildaufnahmen als Informationsquelle schwer vorbei. Und eine gleichwertige Alternative gibt es nicht auf der man sich vergleichbar hilfreich orientieren könnte.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass Google seine Luftbilder lizensiert und nicht selbst erstellt. Diese sind durchweg einige Jahre alt, da ein Update auch für Google viel Geld kostet.
Im Frühjahr 2012 fischte ich mit zwei Schweizer Freunden auf Rügen. Es war die erste nachhaltige Frühjahrsphase mit einer sonnigen Phase. Es war nicht besonders windig und die nun schon kräftige Frühlingssonne führte in dieser Tagen dazu, dass sich die Wassertemperatur auch an der offenen Nordküste spürbar erhöhte. Wir entschieden uns anhand des Luftbildes dafür, ein prägnantes Riff an der Nordostküste zu befischen. Das Riff war groß genug, um es auch zu Dritt komfortabel befischen zu können. Das Luftbild zeigte auch, dass es nicht darauf ankam, möglichst tief einzuwaten und so weit wie möglich zu werfen. Denn hinter dem Riff befinden sich große Sandflächen, die nicht zu überwerfen sind. Typischerweise ziehen die Meerforelle sehr zügig aus dem tieferen Wasser über die großen Sandflächen, um dann das strukturreiche Riff nach Nahrung abzusuchen. Mit Hilfe des Luftbilds war es leicht, den Schweizer Angelfreunden diesen Platz zu erklären. Mit dem Vertrauen für den Platz war dann auch die Meerforellenpremiere an diesem Vormittag nicht mehr weit entfernt.
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