Vertikalangeln verändert das Zandernangeln

(von Bertus Rozemeijer aus seinem Buch Raubfisch - Angeln auf Holländisch)

Vertikalangeln
Die klassische Methode des Zanderangelns mit langen, weichen Ruten ist außerhalb Hollands kaum bekannt. Umso besser kennt man auch außerhalb unserer Grenzen das Vertikalangeln auf Zander. Dabei ist diese Technik kaum ohne das klassische Zanderangeln denkbar, zumindest hätte es sich ohne diesen Vorläufer viel später entwickelt.
 
Vertikalangeln verändert das Zandernangeln
Es war im Januar 1985, ich erinnere mich noch sehr genau daran, Jan Eggers fragte mich, ob ich ihm bei der Erstellung eines Videofilms über das Zanderangeln in den Niederlanden behilflich sein könnte. Ein italienisches Filmteam kam extra angereist, um Jan beim Zanderfang auf dem Nieuwe Meer in Amsterdam aufzunehmen. Jan und das Filmteam fuhren auf dem Boot von Geert Trompetter raus, einem der bekanntesten Zanderangler Hollands. Seiner Ansicht nach hatten wir den denkbar schlechtesten Tag erwischt. Es wurde nach seinen Informationen nichts gefangen, und er gab auch uns nicht den Hauch einer Fangchance.
Als ich Jan beim Ankern beobachtete, sah ich sogar die nicht vorhandenen Chancen noch schwinden. Jan angelte in den niederländischen Poldern, vom Bootsangeln hatte er keine klare Vorstellung. Er ließ die beiden Anker nebeneinander herunter, so dass der Wind das Boot schön um diese eine Ankerstelle treiben konnte. Wie man ein Boot mit zwei Ankern richtig festsetzt, habe ich oben schon beschrieben. Wenn man aber falsch ankert und mit der Pose angelt, dann bewegt der Wind nicht nur das Boot, sondern auch die Schnur und die Montage hin und her. Manchmal sieht es dann so aus, als würde die Pose wie bei einem Biss über das Wasser wandern. Jan schlug dann jedes Mal an, bzw. er schlug ein Loch in die Luft oder dem Kameramann gegen den Kopf.
 

 
Wir hatten vorher abgesprochen, dass ich, für den Fall, dass ich einen Fisch haken sollte, Jan die Rute gebe, damit er den Fisch vor der Kamera drillen konnte. Nun fuhr ich auf meinem eigenen Aluminiumboot, musste aber immer aufpassen, dass ich nicht vor die Kamera kam. Also sah ich zu, dass ich mit meinem Elektromotor immer schön im Rücken der Kameraleute blieb. Nach Geerts Worten hatte ich keine allzu große Hoffnung und packte meine Hechtrute aus, um mit einem großen Twister am Jigkopf mit einem zusätzlichen Spinnerblatt ein bisschen zu Jiggen. Eigentlich habe ich in dem Moment, ohne mir dessen bewusst zu sein, Vertikalangeln betrieben.
 


 
Auf 17 Meter Wassertiefe bekam ich plötzlich zu meiner nicht geringen Überraschung einen Biss. Das war alles andere als ein sanfter Anbiss, er ging viel mehr knallhart durch die Rute in meinen Arm. Und ich fing einen Zander. Jan war erleichtert, die Kameramänner auch, ich war immer noch verwundert. Und meine Verwunderung nahm nicht ab, als ich noch drei Zander auf dieselbe Art fing. Den fertigen Film habe ich nie zu Gesicht bekommen, aber wir hatten auch so viel über diesen Angeltag zu erzählen. Geert konnte die Fanggeschichte kaum glauben, und ich hatte ein Erlebnis, das ich erst einmal mit anderen Anglern klären musste.
Als erstes unterhielt ich mich mit Stephen Jansen über diese Fänge. Mit Stephan angelte ich auf der Zaan, das ist ein Fluss, der das Alkmaardermeer mit dem Nordseekanal verbindet. Es ist ein sehr schön gelegener Fluss, dessen Wasser stets trüb ist, weil es aufgestaut und abgepumpt und dadurch immer bewegt wird. In dem Gewässer gibt es reichlich Zander, im Winter waren sie aber keineswegs so leicht zu fangen. Als wir dort zum ersten Mal Vertikalangeln betrieben, fingen wir rund zwanzig Zander, und unsere Begeisterung kannte keine Grenzen.
 





 
Davon musste ich Henk Rusman erzählen. Henk war damals schon ein alter Angelfreund, der aber immer für neue Techniken offen war. Henk angelte viel auf den Kaagplassen wie dem Zwaailand und der Joppe. Das sind ganz andere Gewässer als die Zaan, mit viel mehr Struktur und Tiefenunterschieden. Als Henk dort mit dem Vertikalangeln anfing, konnte er unglaublich viele Zander landen. Als wir zusammen auf den Nordseekanal fuhren, erlebten wir ebenfalls sensationelles Zanderangeln. Wir fingen sofort enorm viele Fische, und das ist unverändert auch heute noch möglich.
In unserem kleinen Kreis von Angelfreunden wussten wir, dass da etwas Neues entstanden war. Und uns war schon klar, dass sich damit das Zanderangeln total verändern würde. Das Vertikalangeln, wie wir es zunächst nur mit einer Handvoll Leuten betrieben, wurde schnell bekannt.
 

 
Am Anfang mussten wir uns noch mit einfachen Mitteln bescheiden. Es gab noch gar keine geflochtene Schnur, also mussten wir mit Monofil angeln. Wir merkten sofort, dass die Monofilschnur mit der geringsten Dehnung die beste Bisserkennung ermöglichte. Da Nylon mit geringer Dehnung keine allzu hohe Tragkraft hat, wir aber doch ganz stattliche Zander fingen, brauchten wir Schnüre von mindestens 0,16 Millimeter Durchmesser. Und das ist verdammt dick verglichen mit der Schnur, die wir heute benutzen.
Die richtige Rute zu finden, war eine einzige große Suchaktion. Man bedenke: Das Vertikalangeln gab es in dem Sinne noch gar nicht, keiner hatte eine Rute dafür, und wir musste erst einmal herausfinden, wie die Rute aussehen sollte. Wir probierten alles Mögliche aus, wir wussten ja selbst noch nicht, wie die Methode am besten funktioniert. Aber nach und nach haben wir unsere Kenntnisse verbessert und damit auch die Geräte. Zunächst versuchten wir es mit recht langen, weichen Ruten mit einer parabolischen Aktion. Dann probierten wir sehr harte Ruten. Beides konnte uns nicht voll überzeugen. Bei der Rutenlänge konnten wir uns immerhin bald auf einen Bereich zwischen 1,80 und 2,10 Meter einigen. Allmählich wussten wir auch, was wir von dem Blank erwarteten: Er sollte stramm und schnell sein, aber nicht hart, denn wir wollten auch, dass sich die Rute im Drill krümmt, wenn ein kleinerer Zander am Haken hing.
 

 
Ein Meilenstein für das Vertikalangeln war das Aufkommen der geflochtenen Schnur, in Holland sprechen wir allgemein von Dyneema. Damit konnten wir selbst die vorsichtigen Bisse in tiefem Wasser sicher erfühlen. Ehrlich gesagt, haben wir uns am Anfang sogar erschrocken, wie hart die Bisse auf einmal durchkamen. Natürlich fingen wir jetzt sogar noch mehr. Mit dem Schnurdurchmesser sind wir schließlich auf 0,10 Millimeter heruntergegangen, was die Bisserkennung erheblich verbessert hat. Wir fingen unglaublich viele Zander, und die Methode machte uns regelrecht süchtig.
 
Modern vertikal
Natürlich angle ich noch immer vertikal auf Zander, und selbstverständlich ist die Methode für mich immer noch ein Genuss. Als wir mit dem Vertikalangeln am Anfang standen, hatten wir die Sorge, diese Methode könnte regelrecht zur Fischwilderei führen. Inzwischen schauen wir schon auf eine recht lange Erfahrung mit der Methode zurück, und man kann sagen, es gibt gute und schlechte Erlebnisse. Wir haben Angler erlebt, die ihre großen Fänge mit der Vertikaltechnik zu Geld machen wollten. Die meisten gingen aber immer verantwortungsvoll mit der Methode und vor allem dem Fisch um.

... Weiter geht es im Buch Raubfisch - Angeln auf Holländisch
 



Zanderangeln - Bertus Rozemeijer erklärt das vertikale Angeln auf Zander:


Unterwegs mit Bertus Rozemeijer - Raubfischangeln mit Shads:

   
 

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